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"Leidenschaft muß nackt sein!"
von Karlheinz Roschitz (Text) und Peter Korrak (Fotos)

Paulus Manker ist immer gut für Sensationen. Seit 1996 war seine Inszenierung "Alma – A Show Biz ans Ende" Jahr für Jahr Wiens Theaterereignis. Jetzt hat der Theatermagier seine "Alma" nach Venedig übersiedelt.

Gespenstische Atmosphäre in den schmalen Kanälen des Dorsoduro-Viertels, Fackellicht in den Gassen rund um den prachtvollen Palazzo Zenobio. Durch die Bogenfenster des Palastes leuchten üppig dekorierte, goldschimmernde Stuckdecken. Ein Trauermarsch Gustav Mahlers dröhnt durch die Nacht. Tod in Venedig. In der Gondel Mahlers Leichnam, der zum Begräbnis gefahren wird…
Regisseur Paulus Manker ist euphorisch. Begeistert erzählt er über die Arbeit an seiner inzwischen zu europäischer Berühmtheit gelangten Inszenierung des Joshua Sobol Stücks "Alma – A Show Biz ans Ende". "Das ist die ungewöhnlichste, sensationellste Theaterproduktion, die jemals in Österreich gemacht wurde!"

Die Zusammenarbeit mit Sobol steht fast schon unter Erfolgsgarantie: Das Stück "Weinigers Nacht" und "Der Vater" zeigten das. Und seit 1996 hatte er Sobols Theatercollage um Alma Schindler, die Frau Gustav Mahlers und Muse und Geliebte einiger der bedeutendstenn Künstler, im berühmten Sanatorium Purkersdorf am Stadtrand von Wien aufgeführt. Aus einem Experiment des Theatermagiers wurde ein Kultstück, zu dem manche Fans jedes Jahr bis zu zehnmal pilgerten. Nun residiert Alma in Venedig. Und ist promt auch dort zum "Ereignis" geworden, das man "erleben muss". Ja, manche Theaterpromis reden bereits von einem "venezianischen Jedermann", der im Rokoko-Palazzo Zenobio im Viertel San Barnaba zur Institution werden könnte. "Zum Einstand und als Test haben wir die Venezianer aus dem Viertel zur "Alma" eingeladen. Das Wien der Jahrhundertwende und seine Persönlichkeiten – Manker selbst spielt Almas Liebhaber Oskar Kokoschka, der 1922 mit Alma in Venedig lebte und sie malte, Nikolaus Paryla Franz Werfel, Xaver Hutter Walter Gropius, Christoph Gareisen Gustav Klimt – faszinieren alle. "Ein Riesenerfolg", strahlt Manker. "Aber daran hat auch die großartige Milena Vukotic als Alma Mahler-Werfel ihren Anteil; aus Filmen und TV-Sendungen hat sie eine beachtliche Klientel."

Sie bringt das gewisse Etwas mit, den richtigen Mix: Alma muss halb große Dame, halb Verführerin, ja große Kurtisane sein. Ein Prachtweib der Jahrhundertwende.

Der Kartenverkauf für die Vorstellungen bis 21. September läuft jedenfalls hervorragend. "Und das wir die Szenen in drei Sprachen – Deutsch, Englisch, Italienisch – spielen, macht das Stück für viele ausländische Gäste zur Attraktion."
Manker und Sobol haben Almas Leben für Venedig um drei neue Bilder erweitert: "Zum Beispiel um eine Szene, in der ihre drei Ehemänner – der Komponist Gustav Mahler, der Architekt Walter Gropius und der Dichter Franz Werfel – Alma schlecht machen… Und wir zeigen auch eine wunderbare Liebesszene mit Gropius, die in diesem Rahmen besonders wirkt."

Auch Pikantes, etwa die nackte Alma im Ballsaal des Palastes, ja sogar Bettszenen sind angesagt. Sind die Nacktszenen für Italien nicht heikel? "In Sachen Prüderie tu ich mir keinen Zwang an – Leidenschaft muss nackt sein", fordert Manker kategorisch. "Wenn man solche Liebesszenen in Rüschen und Pleureusen verpackt, wird alles bloß schlüpfrig. Das ist dann spießiger Unterwäschen-Sex des 19. Jahrhunderts!"

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