Spielort: Kurhaus Semmering,
2680 Semmering 88
Das Kurhaus liegt unterhalb des Hotel Panhans und des Südbahnhotels.
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Das Kurhaus am Wolfsbergkogel
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Um 1900 zählten die Hotels am Semmering zu den führenden
alpinen Grand Hotels und wurden von nobler Klientel aus allen
Ländern der Monarchie besucht. Zu den Hotelgiganten Panhans,
Südbahnhotel und Erzherzog Johann gesellte sich 1909
ein weiteres Luxushotel der Sonderklasse, das "Semmeringer
Kurhaus", das als Nobelquartier von besonderer Ruhe und
Diskretion bekannt wurde.
Max Reinhardt war hier ebenso zu Gast wie Arthur Schnitzler,
der die "Liebelei" hier entwarf, Anton Wildgans,
Raoul Auernheimer, Jakob Wassermann, Otto Brahm, Gerhard Hauptmann,
Ernst Lothar und Franz Werfel - den der Anblick erlegter Schnepfen
"traurig" stimmte.
Der berühmte Schauspieler Josef Kainz verbrachte hier
im Sommer 1910 die letzten Wochen seines Lebens, bevor er
im August nach Wien zurückkehrte und am 20. September
im Sanatorium Löw starb (wo ein halbes Jahr später
auch Almas erster Ehemann Gustav Mahler sterben sollte).
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Lesen Sie mehr über Josef Kainz' letzte Tage im Kurhaus
Im ersten Weltkrieg diente die "Physikalisch-Diätetische
Höhen-Kuranstalt" als exklusives Rekonvaleszentenheim
für Offiziere bis hinauf zu Feldmarschall Conrad von
Hötzendorf, dem sogar Kaiser Karl im Kurhaus einen Besuch
abstattete.
Auch Alma Mahler-Werfel war regelmäßig zu Besuch
im Kurhaus und quartierte 1929 hier ihre Tochter Anna ein,
die an Gelbsucht erkrankt war. Dies stiftete deren Ehe mit
dem Verleger Paul von Zsolnay, der mit Franz Werfels Roman
"Verdi" Furore gemacht hatte und im Kurhaus einen
mehrwöchigen Urlaub verbrachte.
In ihren Memoiren schreibt Alma:
"Anna, die im vorigen Frühjahr krank aus Paris
kam, wurde von mir auf den Semmering zur Erholung geschickt.
Es traf sich, daß auch Paul von Zsolnay ins Semmeringer
Kurhaus hinauffuhr. Später kam Zsolnay nach Wien und
bat mich um Annas Hand.
Der Vater Zsolnay wollte in diese Ehe um keinen Preis einwilligen.
Es kam zu hässlichen Auftritten und Ehekontrakten, aber
nun sitzt Anna brav, gefüllt mit Protest bis an den Rand,
in ihrem schönen Schloss. Wenn sie nun endlich hier ein
wirkliches Glück fände!"
Links: Franz Werfel und Paul von Zsolnay
Brief des Kurhauses vom 11. Juni 1929 an Almas Schwiegersohn
Paul Zsolnay:
Hochwohlgeboren Herrn Paul von Zsolnay
Wien IV, Prinz Eugenstr. 30
Wir empfingen Ihr wertes Schreiben vom 10. Ds. und
gestatten uns höflichst mitzuteilen, dass Ihre
sehr geschätzte Bestellung auf ein einbettiges
Balkonsüdzimmer im Hochparterre unseres Hauses
für den 27. Ds. Auf zirka 3-4 Wochen allerbestens
vorgemerkt ist, und dass Euer Hochwohlgeboren sicher
damit rechnen können, ein passendes Zimmer bei
Ihrer Ankunft in unserem Hause vorzufinden. Wir
freuen uns wirklich sehr, Euer Hochwohlgeboren wieder
bei uns begrüssen zu können und zeichnen mit
den ergebensten Empfehlungen des ganzen Hauses.
Hochachtungsvoll, Kurhaus Semmering
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Kardinal Innitzer war in der Zwischenkriegszeit ebenso zu
Gast wie Startenor Jan Kiepura mit seiner Frau Martha Eggerth,
die Schauspielerinnen Liane Haid und Renate Müller, der
Pianist Otto Schulhof und Pauline Horthy, die Tochter des
ungarischen Reichsverwesers.
Im Dezember 1938 wurde das Kurhaus von der Wehrmacht übernommen
und zum "Deutsches Heereskurlazarett" umfunktioniert,
wo Bonzen des Dritten Reichs kuriert wurden, darunter im Dezember
1943 auch Feldmarschall Rommel, der in der arisierten Villa
Petschek wohnte und seine Schuhe persönlich zum örtlichen
Schuster Kalancuk zur Reparatur trug. Während der Behandlung
seiner parasitären Enddarmerkrankung erhielt er Besuch
vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel,
und Walther von Brauchitsch, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Nach dem zweiten Weltkrieg hielten die Russen das kaum beschädigte
Kurhaus besetzt, die Grenze zur englischen Zone verlief genau
am Semmeringer Pass.
Den Gästen stand im Kurhaus neben einem eleganten Lesezimmer
mit einem unvergleichlichen Blick auf den Sonnwendstein ein
Musikzimmer und ein Billard- und Spielzimmer zur Verfügung,
wobei Spielen um hohes Geld verboten war. Untertags vergnügte
man sich bei Tennis oder Golf, konnte aber auch ein Luft-
und Sonnenbad genießen oder im Freien Gymnastik betreiben.
Für den Bau wurden das Architektenduo Franz von Krauß
und Josef Tölk verpflichtet, deren Architektenbüro
eines der erfolgreichsten der Jahrhundertwende war. Sie bauten
unzählige Wohnhäuser und Villen, aber auch Theater
wie die Volksoper und die Kammerspiele.
Das Kurhotel wurde als Stahlbetonbau konzipiert und markierte
den Übergang vom Historismus zur Moderne. Die Kombination
von Heimatstilelementen, Schlossarchitektur, dekorativem Jugendstil
und funktionalistischer Architektur brachte einen entscheidenden
Stilwandel in der Hotelarchitektur am Semmering und erlangte
Vorbildwirkung für ähnliche Bauten im Ausland.
Das noble Kurhotel hatte die sonnigste Lage am Semmering,
wurde speziell nach Süd-Osten ausgerichtet und war gegen
die Umgebung durch Wälder geschützt.
Die sehr dekorative künstlerische Innenausschmückung
ist dem geometrischen Jugendstil von Josef Hoffmann verwandt
und setzt Elemente ein, die auch auf die Werke Otto Wagners
hinweisen, etwa das Geländer und die Blumenkörbe
im Stiegenhaus. Originalgetreu erhalten sind u.a. der luxuriöse
Speisesaals mit Originalleuchten, Mosaiken, Wandvertäfelungen,
Anrichten und Thonet-Sesseln aus gebeiztem Naturholz.
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